Sonntag, 14. August 2016

Darum besuche ich Retreats




Warum in die Ferne schweifen? Meditation und Yoga sind doch was für Zuhause! Ja, klar. Aber Daheim warten neben meiner Praxis auch noch unzählige andere alltägliche Aufgaben auf mich. Kind versorgen, Küche aufräumen, Wäsche waschen – die Liste kann jeder für sich unendlich fortsetzen. Interessanterweise wusste schon Buddha vor 2500 Jahren, dass es fürs tiefe Einlassen auf einen Weg Auszeiten vom Alltag braucht. Der Erleuchtete empfahl seinen Schülern, sich regelmäßig zurückzuziehen. Askese muss nicht bedeuten, allem Weltlichen abzuschwören, Freunde und Familie zu verlassen und als Mönch oder Nonne ins Kloster zu gehen.

 „Retreat“ bedeutet Rückzug, Einkehr. Für mich gibt es kaum eine intensivere Zeit. Während ich Zuhause permanent Entschuldigungen finde, warum ich gerade nicht üben kann, erkenne ich im Retreat schmerzhaft, wie es wirklich ist. Hier, befreit von allen weiteren Verpflichtungen, quäle ich mich in den ersten Tagen durch meine Praxis. Das Gefühl von Widerstand wechselt sich ab mit Gedanken-Sturzbächen und enormer Schläfrigkeit. Mein durchtriebener Affen-Geist springt von Ast zu Ast, versucht alles, um mich daran zu hindern, in die achtsame Stille zu kommen. Es ist beruhigend zu hören, dass auch erfahreneren Meditierenden die bleierne Müdigkeit zu Beginn eines Retreats vertraut ist – und dass auch sie zunächst einfach mal ausschlafen!

Aber ist diese Hürde erst einmal genommen, beginnt eine Reise, die kostbarer ist als jeder Weltumrundung auf einem Luxusdampfer. Im geschützten Umfeld des Retreats ist jeder falsche Ehrgeiz überflüssig. Ich habe die Zeit, in meinen Körper hinein zu fühlen. Im Rückzug artikuliert er deutlicher als im Alltag, welche Yoga-Übungen wirklich hilfreich sind und welche nur das Ego füttern. Und wer immer noch denkt, Meditation wäre pure Entspannung, der wird spätestens in der Einkehr eines Besseren belehrt. Ich sitze da, sehe Gedanken und Gefühle und bin immer wieder unangenehm berührt, weil sich mein schön zurecht gezimmertes Selbstbild kein bisschen mit so manchem ärgerlichen, garstigen oder stolzen Gedanken vereinbaren lässt. Mein einziger Job auf dem Sitzkissen: immer wieder zurück zum Atem. So gebe ich dem wilden Affen-Geist eine Aufgabe, statt mich von ihm herumkommandieren zu lassen. In der Stille erobere ich mir nach und nach die Erdung und den Gleichmut zurück, die ich für meine Mitte so dringend brauche. (Es versteht sich von selbst, dass weder Telefon noch Internet diesen Weg unterstützen.)

Egal, ob das Retreat drei, sieben oder zehn Tage dauert. Ich fühle mich immer erfrischt und mit Energie und Ruhe betankt. Keine Minute des Rückzugs ist überflüssig. Denn sie öffnet genau die inneren Räume, die sich schließen, wenn wir gestresst und überfordert sind. Für mich ist die Stille essentiell in unserem manchmal lauten und immer herrlich bunten Leben.

Sehnt Ihr Euch nach einem nährenden Rückzug? Vom 13. Bis 20. Mai 2017 bieten Wolfgang und Beate ein Yin&Yang-Yogaretreat auf der herrlichen Kanareninsel La Gomera an. 




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